Dienstag 14. Juli 2015 | 12:48

Hände weg vom Univertrag

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Mein bz-Kommentar zur Kündigung des Uni-Vertrags

Die Zusammenarbeit für die Universität  zwischen Baselland und Basel-Stadt ist seit 1974 ein vieldiskutiertes und wichtiges Thema. Ich erinnere mich beispielsweise gut an die Beratungen im Landrat 1995. Fritz Graf, der SVP-Politiker und Landwirt aus Sissach, vertrat als Präsident der Bildungskommission engagiert den neuen Univertrag. Er zitierte dabei bewusst aus einer Strukturanalayse, um den Stellenwert der Universität Basel aus seiner Sicht zu betonen: «Die Uni Basel ist eine der ältesten Universitäten in Europa. Sie hat weit über den Raum Basel hinaus Bedeutung und gibt Impulse in Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft, die nicht hoch genug eingeschätzt  werden können.» Ein solches Verständnis sucht man heute bei den SVP-Vertretern im Landrat vergeblich. Im Gegenteil: Die SVP verlangt die Kündigung des Univertrags.

Ende November 2012 hatte ich die Ehre und das Vergnügen, an der Jahresfeier der Uni Basel, dem Dies academicus, neben Carl Miville zu sitzen. In der Martinskirche warteten wir auf die Professorenschaft. Als diese im geordneten Zug in die Kirche zog, flüsterte mir der ehemalige Basler Ständerat zu: «Stell Dir vor, wie viel Geld gerade an uns vorbeizieht.“ Ich war zunächst etwas irritiert, aber mit dem nächsten Satz war mir klar, worauf er hinauswollte: „Das bezahlen wir alles gemeinsam. Darauf dürfen wir stolz sein.»

Es ist tatsächlich Anlass zur Freude und zum Stolz, dass unsere Universität gemeinsam von zwei Kantonen getragen, finanziert und gesteuert wird. Die gemeinsame Trägerschaft, um der Universität Basel neuen finanziellen Spielraum für wichtige Aufgaben zu schaffen, wurde durch die Jahrzehnte über mehrere Etappen erreicht. Es lohnt sich, sich mit diesem Prozess auseinanderzusetzen. Der Wirtschaftsprofessor Tobias Studer hat einmal aufgezeigt, dass in den 1980er- und 1990er-Jahren die Gesamtausgaben des Kantons Basel-Landschaft stärker wuchsen als diejenigen des Stadtkantons. Sein Spielraum für Neuengagements sei demnach grösser gewesen. Die finanzielle Leistungsfähigkeit eines Kantons setzte Studer gleich mit der Fähigkeit, neue oder erweiterte Aufgaben in Angriff zu nehmen, zu realisieren und ihre Finanzierung beim Souverän durchzusetzen. Es erstaune daher nicht, dass der Kantons Basel-Landschaft sowohl für die Universität im speziellen als auch für die Erziehung im allgemeinen in umfassenderer Weise Leistungssteigerungen realisieren konnte als der Stadtkanton.

Aufgrund der Leistungsfähigkeit des Kantons Basel-Landschaft wurde im Univertrag von 2007 dann die paritätische Trägerschaft verankert. Um diese Leistungsfähigkeit zu erreichen, war auf Baselbieter Seite auch eine Generelle Aufgabenüberprüfung (GAP) nötig mit dem erklärten Ziel, neuen finanziellen Spielraum zu schaffen für wichtige Aufgaben wie die Universität. War Baselland zuvor mit einem Vereinsmitglied vergleichbar, das einen fixen Jahrebeitrag an die Universität leistet, war der Landkanton nun Kollektivgesellschafter mit langfristigen Verpfichtungen für Nutzen und Gefahr. Dieser Verantwortung soll Basel-Landschaft bitte nachkommen, auch im Sinne der deutlichen Zustimmung zum Vertrag in der Volksabstimmung  vom 11. März 2007 mit 58`063 Ja gegen 10`377 Nein. Zu allerletzt jedoch sollte Basel-Landschaft selbst zur kurzfristigen Gefahr für die Universität werden. Dies wäre eine krasse Verkehrung des Volksentscheides von 2007.

In den Univertrag wurden damals zwei Sicherungen zugunsten des Landkantons eingebaut. Erstens muss Basel-Stadt vom Defizit einen Standortvorteil von 10 Prozent übernehmen. Und damit die Landschaft nicht von Anfang an die vollen neuen Kosten übernehmen musste, wurden sie zweitens für die ersten sieben Jahre von Basel-Stadt politisch abgefedert. Diese Abfederung, die damals vom Baselbieter Regierungsrat klug ausgehandelt wurde, ist mittlerweile abgelaufen. Man hat es immer gewusst und man konnte sich darauf einstellen. Es stellt sich trotzdem die Frage, ob es reiner Zufall ist, dass jetzt nach Ablauf der Abfederung das grosse Wehklagen über die Unibeteiligung des Kantons Basel-Landschaft anhebt.

Der Kanton Basel-Landschaft kommt mir immer öfter wie eine Fussballmannschaft ohne Trainer vor. In einer Situation wie der aktuellen, in der das Gleichgewicht verloren gegangen ist, würde der Trainer das Team auffordern, Charakter zu zeigen. Die Universität Basel generiert nachweislich Arbeitsplätze und Steuern in der ganzen Region. Den Vertrag über eine solche Leitinstitution bei erstbester Gelegenheit kündigen zu wollen, ist von wenig politischem Durchhaltewillen geprägt und der Prosperität unserer Region schlicht und einfach abträglich. Wir dürfen und können uns bei der Universität keine Mittelmässigkeit leisten, auch wenn und gerade weil wir uns nicht mit den ganz Grossen weltweit messen können.

(Erschienen in der Basellandschaftlichen Zeitung vom 20. Mai 2015).